Drymen — Rowardennan — Rowchoish Bothy

Ganz schön laut heute Morgen im Speisesaal des Buchanan Arms Hotel. Viele Wanderer, bisschen trantütiger Service. Heute schlafe ich wieder im Zelt oder in der Jugendherberge in Rowardennan. Als ich vom Frühstück aufstehe, spüre ich einen leichten Rückenschmerz, sowas wie die Vorahnung von dem Schmerz, den man hat, wenn man sich blöd verdreht. Außerdem hab ich seit gestern so ein Brummen im Kopf. Ich glaub, ich hab gestern zu wenig getrunken, als es so warm war. Besser ich laufe erstmal los.

Es ist angenehm kühl heute, bedeckter Himmel und die Highlands warten. Die ersten düsteren Blicke auf Loch Lomond eröffnen sich beim Anmarsch auf Conic Hill, der höchsten Erhebung der heutigen Etappe. Es ist unglaublich, welche Freude ich daran habe, schnell Kilometer zu schrubben, und noch unglaublicher, welche Kraft-Ausdauer Beine nach zwei Wochen laufen entwickeln. Und da tut es auch gleich nicht mehr weh. Beim Anstieg auf den Conic Hill, der ziemlich fordernd ist, bin ich froh, dass die Sonne, die sich wohl gestern verausgabt hat, heute Pause macht, auch wenn die Aussicht dadurch nicht so toll ist.

Im Visitor Centre von Balmaha mache ich eine erste Esspause. Dass der WHW so populär ist, hat den Vorteil, dass es schnell ein paar Leute gibt, die man öfter sieht und mit denen man immer ein paar nette Worte wechseln kann. So treffe ich hier zwei Frauen aus Dresden wieder, die ich heute am Frühstücksbuffet kennengelernt habe.

Ab hier gibt es niemanden mehr, den ich in meine Richtung laufend überhole. Entweder die sind noch schneller als ich oder ich hab alle eingeholt. Merkt man, wie ich mich daran freue, schnell zu sein? Das liegt auch daran, dass ich den schweren Rucksack nicht länger als nötig auf dem Rücken haben will. Je schneller ich voran komme, desto besser. Und jetzt höre ich auch mal auf, mich innerlich ständig dafür zu rechtfertigen, dass ich mich darüber freue. Und wenn in ein paar Tagen Laura und später Anne aus Mainz ein paar Tage mitwandern werden, kann ich eh nicht einfach egoistisch mein Tempo laufen. Dafür hab ich dann Gesellschaft und muss mich nicht dauernd selbst fürs Laufen abfeiern.

In Cashel am Campingplatz trinke ich noch einen Pausenkaffee – der Regen hat gerade ein wenig nachgelassen – und dann kommt vor Rowardennan noch eine unerwartet heftige Steigung, sodass ich zu unerlaubten Hilfsmitteln greife und mich mit Traubenzucker dope.

Rowardennan besteht aus einem Hotel, einem Pub und einer Telefonzelle. Noch etwas weiter gibt es eine Jugendherberge, aber ich bin nicht sicher, ob ich da noch ein Bett bekomme. Außerdem war ja der Plan, gewagte Entscheidungen zu treffen, um den Erlebniswert zu maximieren. Nach 28 km bei 750 Höhenmetern ist eigentlich die Grenze der Komfortzone erreicht. Aber in ein paar Meilen gibt es eine Bothy und in so einer Hütte wollte ich schon immer mal schlafen.

Ich mache also nochmal eine ausgiebige Käse-und-Haferkeks-Pause und laufe dann im wieder einsetzenden Regen weiter. Gegen 4 Uhr sehe ich auf die Uhr und denke, ich könnte jetzt auch gerade nach der 9. Stunde aus der Schule heimkommen. Stattdessen summe ich dieses unsägliche Loch-Lomond-Lied von Runrig, passe aber gut auf, dass das nicht zum Ohrwurm werden kann. Zu Ehren meiner heutigen Übernachtungsmöglichkeit rufe ich mir lieber den Klassiker der Bothy Band, den Kesh Jig in den Kopf. Das sind zwar Iren, aber dafür DIE Supergroup irischer traditioneller Musik der 70er Jahre.

Und dann erreiche ich tatsächlich irgendwann diese Bothy. Die Sonne scheint zum ersten Mal so richtig an diesem Tag, ein paar Leute (alles Deutsche), die schon hier sind, haben Feuer gemacht und ich bin einfach glücklich, hier meine Matte ausrollen zu können und etwas zu essen. Einer der Wanderer erzählt von seinem offensichtlich recht erfolgreichen Youtube-Kanal Ein Mann im Wald. Später kommen noch eine Schottin und zwei Schweizer dazu. Nette Gesellschaft.

34 km – 975 Hm – 4,8 km/h

Heute hab ich nach den letzten zwei lauen Tagen ganz schön rangeklotzt, zumal fast 1000 Höhenmeter ja auch nicht ohne sind und bisher im Trainingsplan noch nicht so berücksichtigt wurden.

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