Glencoe Mountain Resort — Kinlochleven

Nachts hat es angefangen zu regnen. Beim Frühstücken hört es zwar auf, aber heute geht kein Weg daran vorbei: Das Zelt wird nass eingepackt. Etwas erstaunt stelle ich fest, dass mir das nichts mehr ausmacht. Ich werde es heute Abend wieder irgendwo aufbauen, bestimmt scheint zwischendurch mal die Sonne und dann trocknet das Ding schnell, denn es ist fast immer etwas windig.


Heute Morgen hängen die Wolken wie weiße Schürzen um die Berge. Alles ist ein bisschen feucht hier oeben, aber es sieht nach einem guten Tag aus. So geht es um halb zehn mit nassem Zelt, aber entspannter Haltung auf den Weg nach King’s House.

Die Traditionsherberge ist gerade in Umbau und Erweiterung begriffen, sodass wir die Baustelle schnell hinter uns lassen und auf den Höhepunkt der Etappe zusteuern: Devil’s Staircase, ein relativ steiler Anstieg auf einen Pass zwischen zwei Gipfeln, von wo der Weg dann mehr oder weniger abwärts bis Kinlochleven führt.

Ich bekomme mehr und mehr das Gefühl, dass der Mensch eigentlich dafür gemacht ist, lange Strecken zu laufen und dabei Gepäck mit sich rumzutragen. Das kann gepaart mit der Aufgabe, für genügend Nahrung zu sorgen, eine ziemlich ausfüllende und erfüllende Beschäftigung sein.

Auf dem Pass machen wir Teepause und dann geht es weiter nach Kinlochleven, von wo Laura mit dem Bus nach Fort William, weiter mit dem Zug nach Glasgow und dann zurück nach hause reisen wird.

Der Weg geht zwar beständig bergab, aber es ist noch ein gutes Stück und so sind wir froh, irgendwann die lieblichen Anzeichen der Zivilisation zu erblicken.

Im Pub erfahren wir, dass es kurz vor Fort William einen ‚Zwischenfall‘ gegeben hat, die Polizei die Straße gesperrt hat und seit heute Morgen kein Auto und kein Bus von dort durchgekommen sind. Glücklicherweise kann Laura mit einem deutschen Pärchen, das auch zurück nach Fort William will und sich, da es tatsächlich keine andere Möglichkeit gibt, von ihrer B&B-Gastgeberin abholen lassen, mitfahren, sodass das alles gerade noch gutgeht.

Ich laufe derweil weiter, um mir einen Zeltplatz zu suchen, was sich als nicht ganz einfach herausstellt, weil direkt hinter dem Ort der Weg wieder in die Berge ansteigt und es rechts und links des Pfades einfach zu steil ist. Unterwegs kommt mir ein Motorrad entgegen. Das ist hier völliger Wahnsinn, aber es gibt wohl einmal im Jahr ein Motorcross-Rennen auf dem West Highland Way. Vermutlich übt der dafür.

Als es beginnt, flacher zu werden, suche ich weiter. Es ist recht anstrengend mal kurz  auf diesem Hügel zu gucken, mal in jenes Waldstück zu gehen, um einen geeigneten Ort fürs Zelt zu finden. Zum Glück scheint die Sonne. Da bin ich deutlich weniger gestresst als müsste ich vorm drohenden Regen fliehen. Gegen fünf werde ich bei einem Bach fündig. Eine Baustellenbrücke führt darüber, es ist nicht ganz eben, aber für die Nacht wird es reichen.

Wenn ich oben am Weg sitze, ist der Wifi-Empfang erstaunlich gut – die Verbindung ist schneller als manches Hotel-WLAN. So kann ich abends noch mit Olli telefonieren, während ich ganz allein auf einer Anhöhe sitzend zusehe, wie die Sonne in dieser unbeschreiblich schönen Berglandschaft untergeht.

21 km – 729 Hm – 4,0 km/h

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