Frankfurt — Paris — Newcastle — Berwick

Gestern Nacht gegen halb zwölf kam noch eine sms von AirFrance, dass der Flieger sich verspätet, und so weckt mich das Handy erst um 4:30 Uhr.

Um Punkt 6 erreiche ich die Gepäckaufbewahrung, die in dieser Sekunde öffnet. Ok, bisher perfektes Timing. Ich lasse hier meinen Rucksack einwickeln in der Hoffnung, dass er in seinem Kokon sicher vor den Widrigkeiten eines Flugs mit Zwischenstop ist.

Und beim Gepäckaufgeben erfahre ich endlich, wieviel mein Rucksack wiegt: 17,6 kg. Das ist echt oberes Limit, zumal noch kein Trinkwasser drin ist und ich auch noch ein bisschen Handgepäck habe – iPad, Kamera, Powerbank und ein Buch.

Auf dem Flug nach Paris gibt es Kaffee und pain au chocolat. Das ist schon mal gut. Und als das Mädchen mit dem iPad auf dem Schoß schräg hinter mir das ‚Most delicious fruit‘-Lied voller Inbrunst und inklusive einer komplizierten Hand-Choreografie mitsingt, komme ich trotz frühen Aufstehens im Tag an. Der Umstieg am Aéroport Charles de Gaulle verläuft problemlos so wie der Flug bis Newcastle.

Während ich gestern noch mit Alina in Frankfurt bis nach 10 im Tshirt draußen beim Italiener gesessen hab, ist es hier zwar freundlich, aber locker 10 bis 15 Grad kälter.

In Newcastle hab ich genug Zeit, um eine Gaskartusche für den Kocher sowie Wasser und Milch für morgen zu kaufen. Und es gibt an einer schmierigen Bude Chicken Curry mit Chips. Großartig! Ich setze mich an den River Tyne und freue mich hier zu sein.

Einer der Angler am Ufer fragt mich, ob ich den Hadrians-Wall-Wanderweg gelaufen sei. Ich überlege kurz, ob das eine Geschichte wäre, die ich glaubhaft erzählen könnte und entscheide mich dann für die Wahrheit, dass ich nämlich meine Reise gerade erst anfange. Mir dabei zuzuhören, wie ich sage, dass ich durch ganz Schottland wandern werde, ist aber auch nicht so schlecht. Ich bilde mir einen anerkennenden Blick meines Gesprächspartners ein, der sich mit einem „Have a good one, mate.“ verabschiedet und muss grinsen. Ich mag das. Als ich in den Bus nach Berwick-upon-Tweed steige, sagt auch der Busfahrer: „Here’s your ticket, mate.“ und ich antworte „Cheers mate“. Wir sind ja alle Kumpel hier.

Berwick-upon-Tweed präsentiert sich im strömenden Regen eher von seiner rustikalen Seite. Die Jugendherberge ist schnell gefunden und ich lerne zwei der Mitbewohner meines 6-Bett-Schlafsaals kennen: Einer hat gerade eine Motorradtour mit seiner Tochter hinter sich, der andere ist anscheinend Profi-Wanderer und ein Blogger-Kollege (und das klingt sooo falsch, wenn ich das schreibe). Jedenfalls erzählt er mir, er habe auf seiner LEJOG-Wanderung (das ist die Insider-Abkürzung für Lands’s End – John o’Groats, also einmal quer durch Großbritannien) einen guten Weg von Fort Augustus nach John o’Groats gefunden und in seinem Blog beschrieben. Das ist ja der letzte Teil meines Weges, der mir bisher am meisten Bauchschmerzen bereitet. Da werde ich die Tage mal nachlesen.

Abends klart es wieder auf und ich laufe noch ein bisschen am Fluss Tweed entlang.

Hier, am Mouth of the Tweed, wo der Tweed ins Meer fließt, führen drei Brücken über den Fluss, die das Gesicht der Stadt prägen. Ab morgen werde ich dann Jenseit des Tweed unterwegs sein, wie Theodor Fontane rund 160 Jahre vor mir.

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